Von Fablabs als Business Inkubatoren: Wo bitte geht es nach Europa?

Seit August lebe ich in Georgien. Hinter den Bergen, die das Ende Europas markieren. Mitten im Kaukasus. Zusammen mit meiner Frau habe ich mich in der Kleinstadt Telavi in Kachetien niedergelassen. Kachetien ist ein Weinanbaugebiet im Osten des Landes mit trockenem mediterranem Klima. Die Georgier sagen, dass hier seit 7000 Jahren Wein angebaut wird. Heute wie einst in riesigen Tongefäßen, den Kwevris. Stolz schwingt mit, wenn die Georgier über ihren Wein sprechen. Mit Recht, wie wir inzwischen wissen.

Mit meinen GarageLab-Erfahrungen und einer Menge Neugier im Gepäck machte ich mich auf, um Kontakte zu Georgierinnen und Georgien zu knüpfen, die Ähnliches wie wir im GarageLab im Sinn haben. Es war nicht schwer in Kontakt zur georgischen Szene zu treten. Aber was ist das, die georgische Szene?

Eine im Herbst 2018 gegründete Tech Parks Filiale liegt quasi vor meiner Haustür, 10 Minuten fußläufig von unserer Telavier Wohnung entfernt. Dort angekommen werde ich nicht nur spontan und herzlich begrüßt, sondern stelle auch fest, dass der Wunsch nach internationaler Vernetzung auf Gegenseitigkeit beruht. Vielleicht um so mehr, als das großartige VULCA-Projekt, das den Austausch und die Begegungen zwischen europäischen Fablabs fördern will, leider nördlich des Kaukasus endet.

Die Gegebenheiten in Georgien unterscheiden sich erheblich von denen in Deutschland. Es gibt hier keine unabhängige Maker- oder Hackerszene wie in vielen europäschen Ländern. Einen Makerspace, der von seinen Nutzern selbst organisiert wird, wie wir das kennen, habe ich hier noch nicht gefunden, was zumindest global gesehen für eine Stadt der Größe von Tbilisi im Jahr 2019 schon ungewöhnlich ist. Dass das so ist, hat sicher etwas mit der jüngeren Landesgeschichte sowie der geringen Kaufkraft und den großen Improvisationsfähigkeiten der Georgierinnen und Georgier zu tun.

Vielerorts gibt es stattdessen seit 2015 eine Reihe von sogenannten Tech Parks. Das sind staatlich initiierte und mit Hilfe von Weltbank-Geldern finanzierte Fablabs mit angeschlossenem Coworkings Space, hier sogenannte „Bisness Inkubatori“. Für georgische Startups sind alle Dienstleistungen der professionell geleiteten Tech Parks gratis. So wird in Georgien seit wenigen Jahren Wirtschaftsförderung betrieben. Man möchte der Abwanderung von Studenten, Berufsanfängern und Startups etwas entgegen setzen. An der Universität Kutaisi gibt es ein Fablab, dass sich an Studierende wendet und in seiner Ausrichtung etwas mehr unserem Garagalab ähnelt, auch mit öffentlichen Geldern finanziert.

Anfang Oktober stellte ich mich bei den Tech Parks in Tbilsi und in Telavi mit Vorträgen über die deutsche Fablab- und Repair-Café-Szene vor. Darauf aufbauend werde ich im Dezember meinen ersten Einführungsworkshop für Schülerinnen und Schüler zu den Themen 3D-Druck und CAD im Tech Park Telavi durchführen, je nach Bedarf in Englisch oder eventuell in deutscher Sprache. Letztere Variante spricht Schülerinnen und Schüler an, die an der hiesigen 9. Schule die deutsche Sprache lernen. Der Workshop ist auf zwei Tage zu je 4 Stunden angelegt und richtet sich an die Altersgruppe von 12 bis 18 Jahren. In den Vorgesprächen zu meinen Workshops wurde ich darauf hingewiesen, dass man in Georgien ein Veranstaltung anders bewerben muss als in Europa. Die Schwierigkeit scheint darin zu bestehen, Interessierte, die es auch hier zweifelsohne gibt, zur tatsächlichen Teilnahme zu bewegen. Denn die Spontanität sich zu einer interessanten neuen Veranstaltung einfach mal anzumelden scheint in der georgischen Gesellschaft nicht so verankert zu sein, wie wir das kennen. Es helfen angeblich nur zwei Instrumente. Das direkte Gespräch und vertrauenswürdige Multiplikatoren. Flyer, Plakate und digitale Netzwerke bringen erstmal gar nichts. Deshalb werde ich in den nächsten Wochen um so stärker persönlich die Werbetrommel rühren. Dabei werde ich von Lehrerinnen der Schulen Telavis unterstützt.

Ein weiteres Problem der Tech Park Filiale in Telavi stellt schlicht und einfach sein Standort dar. Hier in der Provinz gibt es so gut wie keine Startups. Kaum jemand in der Stadt kennt überhaupt den Tech Park. Und von den wenigen Leuten mit Ideen gehen die meisten sofort nach Tbilissi. Um so mehr sollte sich der Tech Park in Telavi an Schülerinnen und Schüler wenden.

Die technischen Voraussetzungen dafür sind vorhanden. Es gibt großzügige Workshop-Räume mit 12 Compterarbeitsplätzen inklusive Highspeed-Internetzugang, Autodesk Fusion360 / 3D-StudioMax / AdobeSuite / Corel Draw sowie zwei 3D-Drucker (Makerbot Mini, FelixPro2, von denen ich wahrscheinlich den Felix nutzen werde) und einen großen Lasercutter. Außerdem gibt es Lego-Mindstorms- und Elektronik-Bausätze und einiges mehr.

Mal sehen, ob sich am 14. und 15.12. interessierte Schülerinnen und Schüler einfinden werden. Im März bin ich dann mit einem Workshop am Fablab der Universität in Kutaissi, veranstaltet in Kooperation mit dem DAAD. Weitere Workshops sind in Planung. Stay tuned…

Axel Ganz, im November 2019

Tech Parks Georgia